Nach fast einmonatiger Verspätung war es so weit: Die neuen iPads wurden in einem eigenen iPad-Event vorgestellt. Tim Cook bezeichnete die Vorstellung als den größten Schritt für das iPad. Doch war es auch der größte Schritt? Sind die neuen Modelle so viel besser als die Vorgänger? Und was hat es mit dem neuen Keyboard und Apple Pencil Pro auf sich?
DAS sind die Highlights in der Kurzfassung
- iPad Air nun in 11 und 13 Zoll erhältlich
- iPad Pro mit Tandem-OLED-Display und dünnstem Gehäuse in einem Apple-Produkt jemals
- Apple Pencil Pro mit Taptic Engine und mehr Funktionen
- Magic Keyboard mit Aluminium Gehäuse
Welche iPad-Modelle gibt es und wer sollte sie kaufen?
Das Line-up hat sich durch die Vorstellung der neuen Modelle verändert. Abseits vom Wegfall des Einstieg-iPads mit Homebutton, ist ein weiteres Air-Modell hinzugekommen und die Pros erhielten ein ,,neues“ Design. Daraus ergeben sich folgende Geräte für die jeweiligen Zielgruppen:
iPad Air 11 Zoll – ,,Günstigster“ Allrounder
Das kleinste Upgrade des Line-ups hat das kleine iPad Air erfahren. Äußerlich ist beinahe kein Unterschied zum vorherigen Modell erkennbar. Lediglich die Kamera ist nun nicht mehr an der Oberseite des Geräts, sondern an der Seite zu finden. Dieses Feature wurde mit den Einstiegs-iPads vorgestellt, denn die wenigsten Personen nutzen Tablets vertikal.
Neu ist auch, dass der Basisspeicher erhöht wurde. Statt nur 64 GB, spendiert Apple den günstigsten Modellen jetzt 128 GB. Das ist für heutige Verhältnisse immer noch wenig, wer jedoch das Gerät nur für den Medienkonsum nutzt, wird nicht mehr Speicherplatz benötigen. Überraschend ist daher, dass der Preis beinahe gleich geblieben, in Relation zum Speicherupgrade sogar gesunken ist.
Das 11-Zoll-Gerät ist daher das unspektakulärste Upgrade des Line-ups. Die Farben sind etwas trister, die Kamera ist auf die Seite gewandert und der Prozessor ist noch schneller. Letzteren werden die wenigsten Air-Nutzer tatsächlich an ihr Limit bringen können, weshalb das Gerät einen Kauf für mehrere Jahre darstellt.
Exakt deshalb empfiehlt es sich für eine weite Bandbreite an Personen. Studenten, die gerade mit dem Studium anfangen und einen Allrounder für Uni als auch Mediennutzung suchen. Handwerker, die das Gerät zum Kunden mitnehmen möchten oder auch typische ,,Wohnzimmernutzer“, die ein Tablet suchen.
iPad Air 13 Zoll – Perfekt für Medienkonsum
Die erste Neuheit der diesjährigen Modelle ist das größere Air, das für die meisten Standard-User eines Tablets DAS iPad ist. Hierzu stellt sich die Frage, wozu nutzen Personen Tablets am meisten?
Während diese Frage 2011 noch mit E-Mails oder Bücher lesen beantwortet wurde, ist es heutzutage der Konsum von Medien: YouTube, Netflix oder Mobilgames stehen an erster Stelle. Exakt dafür ist das größere Air geschaffen.
Die größere Displaydiagonale von 13 Zoll, eine Helligkeit von nicht nur 500 Nits (wie beim kleinen Modell), sondern von 600 Nits und vier Stereo-Lautsprecher machen das Tablet zur Medienmaschine.
Auch in diesem iPad ist der M2 verbaut, der bei Standard-Anwendungen keinen Leistungszuwachs zum M1 verspricht, aber das Gerät zukunftsfähig macht. Abgesehen davon ist das größere Air-Modell tatsächlich nur eine größere Variante und verspricht keine zusätzlichen Funktionen.
Wer auf der Suche nach einem Mediengerät ist und nicht mehr als 1000 Euro für ein Tablet ausgeben möchte, sollte zum größeren iPad Air greifen. Für Streamingdienste oder Gaming ist das Tablet perfekt, für den Gebrauch unterwegs ist es nicht empfehlenswert.
iPad Pro 11 Zoll – Endlich wirklich PRO
Das größte Update hat das kleine der beiden Pro-Modelle erhalten, denn es kommt mit folgenden Highlights:
- Tandem-OLED-Display statt LCD-Display
- dünneres Gehäuse als der Vorgänger
- Unterstützung für den Apple Pencil Pro
Das kleinere der beiden iPad Pros war bisher ausschließlich mit einem LCD-Display erhältlich. Zwar zeigte es fantastische Farben, hatte jedoch immer den Nachteil gegenüber Mini-LED, dass es nicht so hell wurde. Das ändert Apple im neuen 11-Zoll-Gerät, denn es zeigt nun Spitzenhelligkeiten bei HDR-Inhalten von bis zu 1600 Nits. Da dieser Wert abstrakt wirkt, die einfache Erklärung: Es ist verdammt hell. Selbst unter direkter Sonneneinstrahlung.
Möglich macht dies das Tandem-OLED-Display. Hierbei liegen zwei OLED-Panels aufeinander, die sich ab- und anschalten, je nach Displayinhalt. Das verhindert nicht nur das OLED-typische Einbrennen, sondern spart auch Strom. Das zweite Highlight, das dünnere Gehäuse, macht das kleinere Modell noch handlicher und angenehmer für die Mitnahme.
Mit der Unterstützung für den Apple Pencil Pro ist das Gerät der ideale Begleiter für kreative Personen unterwegs. Dieses iPad ist daher für Personen geeignet, die von überall kreative Aufgaben erfüllen müssen/möchten. Designer, Cutter oder andere kreativen Berufsfelder haben mit dem kleinen Pro-Gerät das ideale Format, mit einem fantastischen Display und unfassbarer Leistung.
iPad Pro 13 Zoll – Pro in jeglichen Belangen
Das größere der beiden Pro-iPads ist das Gerät, das von dem neuen Design noch stärker profitiert. Es ist das dünnste Apple-Produkt, das jemals erschienen ist. Selbst der iPod Nano war nicht so dünn und hatte wesentlich weniger Technik integriert. In der Praxis ist diese ,,Dünnheit“ so beeindruckend, dass es sich anfühlt, als wäre das iPad ein reines Display. Es ist mit circa 580 g extrem leicht und mit 5,1 mm gleichzeitig unglaublich dünn.
Abseits dessen kommt es mit denselben Spezifikationen des kleinen Modells. Der Sprung im Display ist jedoch weitaus weniger beeindruckend, da das vorherige große Pro-Gerät ein Mini-LED-Display verbaut hatte. Unter normalen Bedingungen ist daher lediglich der bessere Schwarzwert erkennbar. Ausschließlich bei direkter Sonneneinstrahlung zeigt sich die Stärke des Tandem-OLED-Displays.
Sowohl bei diesem als auch dem kleinen Modell sollte der Käufer darauf achten, welche Speichergröße er wählt. Folgt der Griff zu 256 oder 512 GB Speicher, ist lediglich abgespeckte Hardware integriert. Beim Prozessor fehlt ein Kern und der Arbeitsspeicher ist auf 8, statt 16 GB limitiert. Zusätzlich dazu, besteht erst ab 1 TB Speicher die Möglichkeit, das Nanotexturglas auszuwählen. Dieses ist aus dem Pro Display XDR bekannt und bricht das Licht unter direkter Sonneneinstrahlung. Gleichzeitig ist es jedoch extrem anfällig bei der Reinigung und reduziert die Auflösung.
Das größere der beiden Pro-Modelle ist für Pros geschaffen, die das größere Display benötigen. Durch die neuen Gehäuseabmessungen ist es noch komfortabler für die Mitnahme geworden und das Tandem-OLED-Display macht Inhalte noch lebendiger.
Wann lohnt sich ein Neukauf? Wer sollte zu den neuen iPad Airs und Pros greifen?
Durch das Upgrade auf die hauseigenen M-Chips, die zuerst den MacBooks vorbehalten waren, spendiert Apple den Geräten zwar unglaubliche Leistung, die aber selten genutzt werden kann. Das zeigt sich auch bei den Empfehlungen für ein Update:
iPad Air 11 Zoll – Update nicht lohnenswert
Wer bereits ein M1-Modell besitzt, hat keinen Grund, das neue Gerät zu kaufen. Der typische Air-Nutzer wird niemals an die Grenzen des M1-Prozessors kommen und profitiert nicht von der neuen Leistung. Die Neu-Positionierung der Kamera ist ,,nett“, aber kein Kaufargument und die Unterstützung für den Apple Pencil Pro nicht ausreichend, um den Kauf zu rechtfertigen.
iPad Air 13 Zoll – Update für das Wohnzimmer
Da es bisher kein größeres Modell gab, bleibt auch hier die Ausgangslage das kleinere Air. Unter Berücksichtigung dieses Faktors ist der Kauf teilweise lohnenswert, denn das größere Display ist für die Mediennutzung angenehmer. Wer bereits ein kleines Air besitzt und dieses den Kindern geben kann, kann einen Kauf tätigen.
iPad Pro 11 Zoll – Erstes Update nach 6 Jahren sinnvoll
Der größte Profiteur des neuen Designs und der Displaytechnologie ist das kleine Pro. Wer noch ein 2018er-Pro-Gerät besitzt, sollte zum neuen Modell greifen. Das Display ist um Welten besser, die Leistung erstmals spürbar größer und das Gerät ist für die Zukunft gewappnet.
Wer jedoch ein Pro-Modell mit M-Prozessor besitzt, der wird in der Benutzung nur bedingt einen Unterschied spüren. Apple unterstützt alle Pro-Apps auch für Modelle mit M1 oder M2.
iPad Pro 13 Zoll – Update zu teuer
Wer ein beinahe unendliches Budget hat, kann das Upgrade wagen. Andernfalls lohnt sich das Update, selbst bei einem 2018er-Modell, nicht. Der Formfaktor ist angenehmer geworden, das Display heller sowie farbenfroher und der Prozessor noch schneller. Doch all das steht dem hohen Anschaffungspreis gegenüber.
Die Stars des Events: Apple Pencil Pro und Magic Keyboard
Mit den neuen iPads stellte Apple nicht nur Tablets vor, sondern auch das passende Zubehör. Dieses erweitert insbesondere den Funktionsumfang der Pro-Modelle:
Apple Pencil Pro – Der beste Stift für Tablets
Der Apple Pencil ist mit der neuen Pro-Version noch besser geworden. Rein äußerlich ist, bis auf den Schriftzug ,,Pencil Pro“, kein Unterschied zum Vorgänger zu erkennen, denn die weitgreifenden Veränderungen fanden im Inneren statt. Folgendes ist neu:
- Rotation: ändert Ausrichtung von Pinseln
- Druck: quetschen des Stifts öffnet Palette an Tools
- Haptik: Taptic Engine im Stift integriert
- Wo ist?: Stift ist in der „Wo ist?“ App lokalisierbar
Diese vier neuen Funktionen scheinen unspektakulär, doch in der Benutzung verändern sie den Umgang mit dem Apple Pencil.
Die Rotation ist lediglich für Künstler oder Grafikdesigner relevant. Ihnen spart das Feature erheblich Zeit in Gebrauch. Der normale User wird keine Veränderung bemerken oder es als Gimmick sehen.
Der Druck hingegen verbessert die ,,Doppelclick“-Funktion des Vorgängermodells. Statt lediglich zwischen den letzten beiden verwendeten Tools zu wechseln, öffnet der Apple Pencil Pro eine Palette, um zwischen mehreren Tools schneller und bequemer zu wechseln.
Das haptische Feedback ist die offensichtlichste Veränderung, denn der Stift gibt ein Feedback beim Drücken oder vibriert. Letztlich ist die Integration des Stifts in die „Wo ist?“ App hilfreich, wenn der Nutzer den Apple Pencil Pro in der Uni oder einem anderen Ort vergessen haben sollte.
Unverständlich bleibt deshalb, dass der Pencil Pro mit früheren iPad-Generationen nicht kompatibel ist. Lediglich die neuen Modelle werden unterstützt.
Magic Keyboard für iPad Pro – Besser, aber…
Das Magic Keyboard der Pro-Modelle ist ein optischer Hingucker. Das iPad schwebt förmlich in der praktischen Hülle und ist stufenlos im Winkel einstellbar. Zum Vorgänger gab es sogar funktionale als auch designtechnische Änderungen:
- Trackpad ist größer
- Funktionstasten kamen hinzu
- Handablagen sind aus Aluminium
Das Magic Keyboard ist vor allem eines geworden: hochwertiger. Und überraschenderweise hat Apple hierfür den absurd hohen Preis nicht noch weiter angehoben.
Das größere Trackpad macht das Scrollen, Zoomen und Klicken angenehmer, die Front aus Aluminium wirkt edel und die Funktionstasten erleichtern die Bedienung. Überraschend ist daher, dass die Rückseite nicht auch aus Aluminium oder anderen hochwertigen Materialien gefertigt ist, sondern weiterhin gummiert bleibt. Das vereinfacht zwar die Haftung auf glatten Oberflächen, zerstört jedoch den hochwertigen Eindruck.
Auch das Pass‑Through Laden durch die Hülle und deren USB-C-Anschluss geht jetzt noch schneller. Schade ist daher, dass der Anschluss weiterhin nur eine Ladefunktion hat und keinen Datenaustausch bietet. So könnten die Pro-Modelle mehrere Peripheriegeräte gleichzeitig anschließen, statt ausschließlich eines über den Anschluss des iPads.
Mit diesen Neuerungen ist das Magic Keyboard die wohl beste und gleichzeitig teuerste Hüllen-/Tastaturkombination für iPads. Wer sich am Preis nicht stört, der bekommt eine Tastatur, die besser als bei den meisten Laptops ist.
Fazit – Es ist und bleibt ein iPad
Sowohl die neuen Air- als auch Pro-Modelle schlagen die Vorgänger in jeglichen Benchmarks. Sie bieten eine Rechenleistung, mit der selbst Computer nicht mithalten können. Das Design als auch die Displays sind fantastisch und dennoch steht Apple weiterhin vor einem Problem: iPadOS.
Das Betriebssystem ist auf Basis von iOS, mit wenigen Funktionen von MacOS, was den iPads mehr Freiheiten erlaubt, aber dennoch keine voll funktionsfähige Desktop-Oberfläche darstellt. Apple bietet zwar das Magic Keyboard und die Unterstützung für den Apple Pencil Pro an, aber das macht aus einem iPad weiterhin keinen Desktop-Computer.
Deshalb ist auch die Leistung des M4-Prozessors bahnbrechend, aber in der Realität nicht bemerkbar. Final Cut Pro, Logic Pro oder auch Procreate sind Pro-Apps, die nicht durch die Hardware, sondern die Software iPadOS limitiert werden. Löst sich dieses Problem nicht auf der WWDC im Juni, bleiben die neuen iPads Fiats, mit Ferrari Motoren.
Der größte Vorteil von Apples Tablets ist und bleibt die Langlebigkeit. Erst in diesem Jahr war das Upgrade von einem 2018er Pro-Modell zu den neuen Geräten sinnvoll. Ähnliches ist bei diesen iPads, sei es Pro oder Air, zu erwarten. Wer jetzt einiPad kauft, bekommt aus Hardwaresicht die besten Tablets auf dem Markt, die auch in einem halben Jahrzehnt noch zu den Spitzenmodellen zählen.