Dragon Age: The Veilguard ist der vierte Teil aus dem Hause von BioWare. Mich hat Dragon Age Origins damals umgehauen – pures Dark Fantasy mit wunderschönen Soundtracks und starken Rollenspiel-Mechaniken. Vor allem fand ich beim Erstling toll, dass es verschiedene Hintergrundgeschichten gab, mit völlig anderen Charakteren und Situationen. Die Reihe veränderte sich mit jedem Teil ein kleines Stück. Der vierte Teil macht einiges anders, unter anderem beim Kampfsystem.
Falls Sie einen actionreichen Titel suchen, der mit der ursprünglichen Saga nicht mehr so viel gemein hat, sollten Sie ruhig einen Blick riskieren. Sowohl die Grafik als auch Gameplay sind größtenteils überzeugend, aber reicht das für ein gutes Rollenspiel? Im Verlauf des Tests werden Sie es herausfinden.
Kleines Vorwort zu Dragon Age: The Veilguard
Bevor ich auf verschiedene Aspekte wie Grafik und Gameplay eingehe, möchte ich meine persönliche Meinung zu einem kontroversen Thema äußern.
Einige Spieler haben sich darüber beschwert, dass das Spiel ideologische Elemente enthält, wie zum Beispiel das Gendern in Dialogen und Beschreibungen (z.B. ‚Gegner:innen‘). Auch ich finde dies unnötig und bin überzeugt, dass es die deutsche Sprache eher verkompliziert.
Für mich umfasst das Wort ‚Gegner‘ alle Geschlechter gleichermaßen. Ebenso spreche ich mit ‚Spieler‘ alle an, unabhängig von Geschlecht oder Identität. Dies ist jedoch meine subjektive Sichtweise. Im folgenden Abschnitt konzentriere ich mich ausschließlich auf die objektiven Mechaniken des Spiels.
Typische Handlung über Gut und Böse
Die Handlung beginnt mit einer epischen Konfrontation mit „Solas“, der bereits im vorherigen Teil vor allem gegen Ende eine wichtige Rolle eingenommen hatte. Er möchte den Schleier zerreißen, was für die meisten Lebewesen das Ende bedeuten würde. Sie können ihn zwar gleich am Beginn der Geschichte aufhalten, müssen sich aber dafür größeren Bedrohungen stellen. Zwei abscheuliche Elfengötter sind aus ihren Gefängnissen ausgebrochen und wollen die Welt mit ihrer Verderbtheit kontrollieren.
Sie müssen, wie man es aus den Geschichten von BioWare kennt, Verbündete um sich scharen. Schließlich brauchen Sie fähige Leute, um mit allen Bedrohungen fertig zu werden. Ohne zu viel zu verraten, finde ich viele Handlungsstränge rund um die Gefährten durchaus gelungen. Dragon Age: The Veilguard punktet mit einigen abwechslungsreichen Charakteren und emotionalen Wendungen. Insbesondere die Gefährten-Geschichte mit den Griffons hat mir gefallen.
Gegen Ende wurde ich sogar überrascht, weil etwas aufgelöst wurde, womit ich nicht gerechnet habe. Aber was ist mit den kleinen Geschichten dazwischen und den Dialogen?
Leider wirken viele Dialoge ein wenig generisch und nicht wirklich intelligent beschrieben. Wir können mit einem Hauch von Ironie, hoffnungsvoll oder etwas ungestüm antworten. Wenn man sich für eine bestimmte Vorgeschichte wie die „Grauen Wächter“ entschieden hat, gibt es zusätzliche Antwortmöglichkeiten, was ich allerdings positiv finde.
Was ich vor allem bemängeln muss, ist, dass es selten Situationen gab, bei denen meine Entscheidungen als Anführer dazu führten, dass es innerhalb der Gruppe zu Konflikten oder Missbilligungen kommen konnte. Meistens waren sich alle einig und dies nahm für mich als Spieler und Tester ein wenig die Spannung.
Speziell bei Dragon Age Origins konnten die Spieler richtig ruchlos handeln, wenn sie wollten, und dies löste bei einigen Gefährten Unbehagen oder Zustimmung aus. Hier allerdings kann man nicht wirklich wie ein Fiesling oder mehr wie ein Antiheld spielen, was für mich ein absolutes „No Go“ in einem Dark Fantasy-Spiel ist.
Auch die Handlung ist mir zu schwarz-weiß geraten. Die Antagonisten sind eindimensional, und es fehlt ihnen an Tiefe. Im Gegensatz dazu war Loghain Mac Tir aus früheren Teilen der Serie ein viel interessanterer Schurke. Er hatte Ambitionen und war von seiner Sache überzeugt, anstatt einfach nur böse zu sein.
Spiele wie ‚Baldur’s Gate 3‘ oder ‚The Witcher 3‘ bieten deutlich bessere Dialoge und vielfältigere Möglichkeiten zur Interaktion. Sie wirken zudem erwachsener und düsterer, was zu einer intensiveren Spielerfahrung beiträgt. Leider wurde bei ‚Dragon Age: The Veilguard‘ viel Potenzial verschenkt, da es diesen Tiefgang vermissen lässt.
Was mir außerdem aufstößt, sind die Flirtversuche und Beziehungen zu den Charakteren. Romanzen wirkten sowohl bei den Spielen rund um Mass Effect als auch bei den anderen Teilen von Dragon Age viel intensiver. Zwar finde ich die Mechanik interessant, dass auch Gefährten innerhalb der Gruppe eine Romanze eingehen können, aber wenn bereits die eigene Romanze kaum ausgearbeitet ist, nimmt es ein wenig die Immersion.
Dragon Age: The Veilguard – die Grafik könnte dreckiger sein
Dragon Age: The Veilguard machte mit dem ersten Trailer bei vielen Fans keine gute Figur. Ich kann es auch verstehen, denn mich schreckte der Stil auch ab. Was ich aus meiner Sicht mitgeben kann, ist, dass die Grafik trotz allem gut gelungen ist. Vor allem die majestätischen Umgebungen des Arlathan-Waldes oder die Küste von Rivain haben mir zugesagt. Auch die Haare der einzelnen Charaktere sehen stimmig aus, was ich noch bei keinem anderen Spiel in dieser Form erlebt hatte.
Was mir aber spürbar gefehlt hat, ist der dreckige Dark Fantasy-Look, der den Charme des ersten Teils ausgemacht hat. Viele Charaktere und Gesichter wirkten zu sauber. Mir hat auch das Design der dunklen Brut bei den Vorgängern deutlich mehr gefallen. Die Hurlock fand ich übrigens bei Dragon Age Origins richtig düster.
Doch unabhängig davon, ob die Grafik richtig schick oder schlecht aussieht – Grafik allein macht kein gutes Spiel aus.
Dragon Age: The Veilguard – Actionspiel mit Rollenspiel-Elementen
Alle anderen Vorgänger enthielten deutlich mehr Rollenspiel-Elemente. In Dragon Age: The Veilguard wirken die meisten Dialoge nicht kreativ genug, was ich bereits erwähnt hatte.
Gut finde ich im Gegensatz zum dritten Teil, dass es hier nicht unzählige Sammelquests gibt und die Welten-Abschnitte nicht mit unnötigem Zeug überladen sind. Im Laufe der Handlung erkunden Sie mehrere Gebiete, die in Verbindung mit einem Gefährten stehen.
Die eigenständigen Fraktions-Quests finde ich größtenteils gelungen und auch das Duo der Grauen Wächter sagt mir zu. Wenn Sie die Fraktionen tatkräftig unterstützen, können Sie bessere Gegenstände an den Ständen erwerben und auf mehr Unterstützung gegen Ende des Spiels zählen.
Im Gegensatz zu den Vorgängern wartet hier diesmal ein dynamisches Kampfsystem auf Sie. Die taktischen Rollenspiel-Elemente entfallen komplett. In den Vorgängern steuerten Sie Ihre Gefährten beim Kämpfen und mussten diese vor allem bei den höheren Schwierigkeitsgraden strategisch positionieren, um eher zu gewinnen.
Hier gibt es zwar nach wie vor die taktische Pausenfunktion, um eine aus drei Fähigkeiten jeden Charakters auszuwählen, aber das war es auch schon. Das Kampfsystem geht wild zur Sache, aber leider wirkt es nicht so immersiv und anspruchsvoll wie bei den neuen God of War-Spielen oder der Reihe rund um Dark Souls. Auch der Gewaltgrad wirkt deutlich reduzierter und nicht mit den alten Teilen vergleichbar.
Über die meiste Zeit war ich dabei, bestimmten Angriffen auszuweichen und meine Fähigkeiten wie aus einem Feuerrohr zu wiederholen. Ein immersives Gameplay macht für mich etwas anderes aus. Das Einzige, was ich cool finde, wenn man im richtigen Moment blockt und die Gegner zum Straucheln bringen kann. Aber selbst die „Finisher“ sind nicht annähernd so kreativ wie bei God of War.
Die Entwickler hätten ruhig mehr „Finisher-Animationen“ hineinbringen können, damit es nicht wie ein wiederholender Ablauf wirkt.
Tolle Synchronisation und durchschnittliche Soundtracks
Hans Zimmer ist in Zusammenarbeit mit Lorne Balfe für die Soundtracks in Dragon Age: The Veilguard verantwortlich. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich finde einige Soundtracks durchaus gelungen, aber die Magie hat mich nicht erreicht.
Inon Zur hat mit dem Main Theme und anderen Stücken in Dragon Age Origins deutlich mehr in mir ausgelöst. Diese wirkten für mich deutlich fantasiereicher.
Was ich allerdings positiv erwähnen muss, ist die gelungene Synchronisation. Die Stimmen sind gut gewählt und leisten durchweg eine hervorragende Arbeit. KIeiner Funfact am Rande: Die „Viper“ wird vom Sprecher vertont, der auch dem Protagonisten „Hawke“ seine Stimme im zweiten Teil lieh.
Was mir besonders gefiel
- Die einzelnen Gebiete sind wunderschön ausgearbeitet. BioWare hat es geschafft, eine schöne Welt zu kreieren. Dies fängt bereits mit schwebenden Türmen an oder einer stimmigen Küste oder diversen Waldabschnitten.
- Die Synchronisation ist größtenteils ausgezeichnet. Die Sprecher schaffen es, die Emotionen bestens zu übertragen. Weiterer kleiner Funfact am Rande: Ein böser Elfengott hat die Stimme von Erik Schäffler bekommen, der dem Protagonisten Commander Shepard in Mass Effect 2 und 3 seine Stimme lieh. Unter anderem ist dieser Sprecher auch durch Orochimaru aus dem Anime Naruto bekannt geworden.
- Auch wenn ich viel am Gameplay zu bemängeln habe und mir die taktische Tiefe fehlt, sind die Animationen der Fähigkeiten gut ausgearbeitet. Vor allem mit guten Gaming-Kopfhörern spürt man die Kraft der einzelnen Attacken.
- Die Animationen der Gesichter sind größtenteils flüssig.
Was ich nicht gut finde
- Die Dialoge sind mir nicht kreativ genug. Alle Vorgänger haben für mich in dieser Hinsicht deutlich mehr abgeliefert. Außerdem ist es nicht möglich, richtig ruchlos zu agieren, was für mich den Charme von Dark Fantasy ausmacht.
- Ebenso verhält es sich mit den Entscheidungen. Ja, auch in Dragon Age: The Veilguard gibt es große Entscheidungen mit Konsequenzen, aber diese wirkten für mich nicht annähernd so immersiv wie einige Stellen im ersten Teil. Auch die anderen Nachfolger leisteten deutlich mehr.
- Das actionreiche Gameplay verdient mehr „Finisher-Animationen“. Größtenteils besteht es nur aus „Draufkloppen“ und enthält kaum immersive Elemente, die ein gutes Kampfsystem ausmachen. Schade finde ich auch, dass keine Ausdauerleiste vorhanden ist. Wir können praktisch unendlich ausweichen und Fähigkeiten hinterher spammen.
- Die Handlung mag zwar einige Gefährten-Geschichten aufweisen, die durchaus Potenzial haben, aber der Kern der gesamten Geschichte ist dünn. Es gibt zwei selbst ernannte Elfengötter, die die Welt bedrohen. Da fand ich die persönliche Familiengeschichte in Dragon Age 2 um einiges ergreifender. Viele Personen sind für mich zu „Weiß“ und „Schwarz“. Der Grauton, der Dark Fantasy fast komplett ausmacht, entfällt fast vollständig.
Fazit
Dragon Age: The Veilguard zeigt, dass beeindruckende Grafik und einige positive Elemente allein kein herausragendes Spiel ausmachen. Trotz der Präsenz brutaler Elemente wie eines blutrünstigen Kults und der dunklen Brut fehlt es an einer authentischen Dark Fantasy-Erzählung. Die Grafik und die Animationen der Fähigkeiten sind zwar gelungen, doch es mangelt an erzählerischer Tiefe. Als großer Fan der Reihe hatte ich deutlich höhere Erwartungen und bin enttäuscht. Zwar besitzen einige Geschichten und Charaktere Charme, doch die Schwächen des Spiels sind nicht zu übersehen. Für Actionspieler, die mit einer durchschnittlichen ‚Gut gegen Böse‘-Geschichte zufrieden sind, mag es unterhaltsam sein. Wahre Rollenspielfans werden jedoch enttäuscht sein. Das Spiel bekommt von mir 5/10 Sternen.